In den Straßen der um 1790 etwa 10 000 Einwohner zählenden Ackerbürgerstadt herrschte, wie verschiedene Chronisten überliefern, offenbar immer ein reges Treiben. "Gleich in der Frühe kömmt der Hirte mit den Schaafen, Schweinen und Ziegen, macht in der Mitte der Straße halt und schellet mit seiner großen Schelle in einem fort, bis die Mitgefährten aus den Nebenstraßen sich alle an den Haupttrupp angeschlossen haben... Auf gleiche Weise werden etwas später die Kühe durch das Schellen zusammengetrieben..." Abends kehrten die bunten Herden wieder in ihre städtischen Ställe zurück. Eines dabei am Groner Tor vorgekommenen Unfalles, der 70 Kühe das Leben kostete, gedenkt auch Lichtenberg in seinen Sudelbüchern. Wenn man dann noch anderen Schilderungen Glauben schenken darf, daß es in Göttingen zeitweilig 3000 Hunde gegeben hat, kann man sich vorstellen, wie trotz gutgemeinter Gassenreinigungsordnungen der Dreck auf den Straßen liegen musste.

Ausstellungskatalog des Göttinger Stadtmuseums: Zum 175. Todestag Lichtenberg's,
Göttingen 1994, S. 15f

In Göttingen, wo die Kühe des Sommers um Mittags-Zeit auch nach der Stadt getrieben werden, ereignete sich anno 1765 ein ähnlicher Zufall, aber doch nur unter den Kühen. Sie hatten bei der großen Hitze dieses Jahrs immer die Gewohnheit, wenn sie nahe an das Tor kamen, zu laufen, weil sie sich nach dem kühlen Gang unter dem Tor durch den Wall sehnten. An dem traurigen Tage befand sich zum Unglück ein Bauerknecht mit einem Wagen unter dem Tor, als die Kühe angerennt kamen. Die Pferde am Wagen fingen an auf das sich vorbeidrängende Vieh auszuschlagen, und schlugen einige Stück nieder, über diese stürzten die hintersten, und so fort, daß in wenigen Minuten der ganze Torweg von unten bis oben mit toden Kühen angefüllt war. Sie wurden hernach von dem Henker-Knecht aufgeräumt und die Straße hinunter gelegt, da man fand daß sich ihre Anzahl auf etliche und siebenzig belief, auch diejenigen nicht gerechnet, die noch hernach in den Ställen starben. Ich habe sie selbst liegen sehen.

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