Forschung
Wenn auch meine Philosophie nicht hinreicht,
etwas neues auszufinden, so hat sie doch Herz genug, das längst Geglaubte
für unausgemacht zu halten. [Sudelbuch K, 49]
Die Lichtenberg-Gesellschaft hat den Ehrgeiz, das wichtigste
Forum der Lichtenberg-Forschung zu sein, und auch die Eitelkeit, diesem
Ziel schon recht nahe gerückt zu sein.
Es versteht sich, dass es eine im Sinne kritischer Historiographie wissenschaftliche
Erforschung Lichtenbergs erst seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
geben kann; alle vorausgegangenen biographischen Studien können diesen
Anspruch nicht erfüllen. So läßt sich schlechterdings
auch erst mit der Wiederauffindung des Nachlasses von Lichtenberg durch
Albert
Leitzmann 1894 und seine erste Auswertung in den folgenden 15 Jahren
vom Beginn einer Lichtenberg-Forschung reden.
Auf der Basis von Leitzmanns Entdeckung konnten zwei Forschergenerationen
aufbauen und für die Lichtenberg-Forschung wichtige biographische
und geistesgeschichtliche Studien anfertigen. Stellvertretend seien hier
die drei der wichtigsten Persönlichkeiten und deren Resultate genannt:
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Walter Arthur Berendsohn: Stil und Form
der Aphorismen Lichtenbergs. Kiel 1912;
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Otto Deneke: Lichtenbergs Leben. Bd. I.
München 1944;
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Franz Heinrich Mautner: Lichtenberg.
Geschichte seines Geistes. Berlin 1968. |
Eine neue Phase leitete dann Wolfgang Promies durch seine
vollständige Publikation der Sudelbücher ein; ungewollt verschüttete
er dabei durch seine nun notwendig gewordene Auswahl der zu Lebzeiten
Lichtenbergs publizierten Schriften in der Werkausgabe bei Hanser wiederum
die Arbeit am "Lichtenberg in seiner Zeit". Die Göttinger
Akademie-Edition des Briefwechsels von Lichtenberg zunächst eine
Anregung von Hans-Ludwig
Gumbert, der Lichtenbergs England-Tagebuch erstmals vollständig
publizierte, erweiterte mit dieser unglaublich reichhaltigen Quelle das
Forschungsangebot in einer ganz anderen Richtung: Es wurde nachhaltig
in Erinnerung gerufen, dass Lichtenbergs Briefe legitimer und gleichrangiger
Bestandteil seines Werks ist.
Der Lichtenberg-Gesellschaft ist es dann in zäher Kleinarbeit gelungen,
den Schwung aus diesen epochalen Bemühungen weiter zu bewegen. Heute
befassen sich zwei miteinander verbündete Arbeitsstellen
in Göttingen und Darmstadt damit, endlich eine modernen wissenschaftlichen
Kriterien genügende: also Historisch-Kritische, kommentierte Gesamtausgabe
zu erarbeiten, die der Forschung für die nächsten Generationen
das so nötige Rüstzeug an die Hand geben soll und zugleich Grundlage
sein wird für alle populären Textausgaben.
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